Gelingende Entwicklungsbegleitung
Was meine ich mit gelingender Entwicklungsbegleitung? Was will ich damit bezwecken, wenn ich gelingend sage? Ich könnte natürlich sagen, dass es mir um "gute" oder "richtige" Entwicklungsbegleitung geht. Aber das wäre nicht stimmig. "Richtig" und "gut" sind in meinen Augen sehr wertende Bezeichnungen für etwas, das weder statisch noch abgeschlossen ist. Beziehungen sind immer Prozesse, die innerhalb von Sekundenbruchteilen ihre Atmosphäre verändern können, vor allem Beziehungen mit Kindern! "Gelingend" hingegen ist für mich eine Bezeichnung, die mehr Flexibilität ausstrahlt und die mir selbst das Gefühl gibt, jederzeit handelnd darauf Einfluss nehmen zu können. "Gelingend" sagt nichts über eine globale Norm aus, sondern über meine individuelle Einschätzung. Für jemanden, der kurz vor der inneren Erleuchtung ist und seine Kinder hyper bewusst begleitet (bitte verzeih diese überspitzte und stereotype Darstellung), bedeutet "gelingend" eben etwas komplett anderes, als für jemanden, der von jetzt auf gleich mit drei Kindern allein ist. Hier kann "gelingend" einfach nur bedeuten, irgendwie heile und sicher durch den Tag zu kommen. Ist dieses Vorgehen "gute Entwicklungsbegleitung"? Vielleicht nicht! Aber in dem Moment ist gemeinsames Überleben wichtiger als die zweite Runde Yoga am Tag und Körperachtsamkeit für Kind und Eltern. Ich möchte nicht, dass Du durch mich das Gefühl hast auf eine bestimmte Art sein oder handeln zu müssen. Ich sehe mich selbst als mitlernende Entwicklungsbegleiterin in so vielen Rollen, dass ich ganz bestimmt nicht weiß, was "gut" oder "richtig" ist. Ich kann Dir aber helfen einen immer gelingenderen Weg zu beschreiten.
Wenn ich von gelingender Entwicklungsbegleitung spreche, dann meine ich damit eine Haltung und Perspektive auf meine Rolle als erwachsene Begleitperson, als Lernbegleiterin, als Beziehungsmensch. Ja, denn ich bin immer in Beziehung, selbst dann, wenn niemand da ist. Denn die erste Beziehung, in die ich als Entwicklungsbegleiter*in gehen darf, ist die zu mir selbst. Ich darf herausfinden, was mich ausmacht und wer ich bin. Warum ich so denke, fühle und handle, wie ich es tue. All mein "So- Geworden-Sein" legt die Basis für meine Beziehung zu den Kindern, die ich durchs Leben begleite. Alles setzt dort an: an mir selbst. Wenn etwas nicht rund läuft, dann suchen wir oft die Verantwortung im Außen. Doch eigentlich ist dieses Außen oft nur eine Antwort auf Prozesse, die mich dort hin gebracht haben. Und bitte versteh mich jetzt nicht falsch! Ich sage nicht, ich bin schuld an dem, was in meinem Leben passiert. Zumindest nicht für alles. Doch aber für sehr vieles davon, mehr als mir manchmal lieb ist. Auch wenn das Wort Schuld zu schwer wiegt. Deshalb benutze ich lieber das Wort Verantwortung. Ich trage im Mindesten die Verantwortung für mein Erleben und meine Aktionen und Reaktionen auf das Leben. Wenn ich verstehe, wie ich "funktioniere", weshalb ich fühle, was ich fühle, was mich leitet und was meine Gedanken formt, dann kann ich für mein/das Kind viel besser da sein. Ich kann ihm mitgeben, was ich vielleicht in meiner eigenen Kindheit nicht erfahren habe. Aber noch viel wichtiger: ich kann lernen wegzulassen, was mich durch mein Aufwachsen blockierte und was ich ganz sicher nicht für die Kinder will, die ich begleite. Und um das zu erreichen, darf ich mich selbst besser kennenlernen und lernen gut für mich zu sorgen. Dazu gehört aber auch, zu verstehen, wie bestimmte Zusammenhänge funktionieren, welchen Einfluss mein Wahrnehmungssystem auf mein Erleben hat, welche Rolle Bedürfnisse oder physiologische/neurologische Prozesse dabei spielen. Das alles musst Du nicht wissen. Aber aus eigener Erfahrung als Mutter und Dozentin in der Pädagog*innenausbildung weiß ich, dass dieses Wissen Dinge einfach leichter macht.
Wenn ich Entwicklungsbegleitung sage, dann meine ich auch, zu verstehen, dass mein/das Kind ebenfalls auf seine Art und Weise funktioniert. Doch im Gegensatz zu mir, kann es viele Dinge noch nicht allein managen oder für alles in seinem Leben die volle Verantwortung übernehmen. Unser Alltag ist seine Kindheit und Jugend. Dir obliegt die Verantwortung eurer Beziehungsgestaltung, nicht aber seiner Persönlichkeit und seiner Art die Welt zu verstehen. Im Bild unten erkennst du im überschneidenden Kreis "euer Erleben" das, was immer da ist und wofür ihr beide lernen könnt euren Teil der Verantwortung zu tragen. Das Kind für sein Erleben und Du für Dein Erleben. Zusätzlich aber liegt es in Deinem Feld, das Kind in seinem Erleben zu begleiten, ihm Dinge zu erklären, gerade zu rücken, ihm Tools an die Hand zu geben, um möglichst (selbst)sicher und neugierig in die Welt zu schauen. Auch um zu lernen sich selbst zu regulieren oder zu motivieren. Du verstehst sicher, dass all das besser funktioniert, wenn Du das alles selbst auch lernst und lebst.
Wenn ich Entwicklungsbegleitung sage, dann meine ich, dass auch wir uns entwickeln. Meine eigenen Kinder und all die Kinder, mit denen ich in den vergangenen fast 20 Jahren gearbeitet habe, waren mir großartige Lehrmeister*innen. Manchmal auf die harte Weise. Und manchmal auf die schönste Weise, die ich mir vorstellen kann: durch Liebe, Beziehung, Begeisterung und Freude. Und dafür bin ich dankbar. Denn dies sind Dinge, die ich nur durch sie lernen konnte.
Wenn Du Fragen, Anmerkungen oder Anregungen zu diesem Thema hast, dann freue ich mich von Dir zu lesen!
In Liebe, Katja
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