Verbundenheit durch körperliche Nähe
Sind sie noch Babys, ist es uns Erwachsenen so klar, dass Körperkontakt unerlässlich ist, damit sich die kleinen Menschenkinder gut entwickeln können. Wir werden als empathische Wesen davon angezogen, Babys zu halten, sie zu streicheln und sie in unseren Armen zu wiegen und zu beruhigen. Umso älter Kinder werden, desto weniger Körperkontakt findet zwischen ihnen und ihren Bezugspersonen statt. In der westlichen Welt ist das gemeinsame Schlafen von Kindern und Erwachsenen lange Zeit kaum zu denken gewesen, erfuhr in den letzten Jahrzehnten doch wieder eine Art Revival. Doch auch dies eher bei Kleinkinderfamilien. Innerhalb unserer evolutionären Entwicklungsgeschichte ist jedoch dieser Zustand unüblich und wäre für lange Menschengeschichte sogar gefährlich gewesen. Schaue ich meine Kinder an (die lange keine Kleinkinder mehr sind!), dann erkenne ich regelmäßig, dass sie deutlich besser und ruhiger schlafen, wenn sie in meinem Bett mit mir zusammen die Nacht verbringen. (Das sagt nicht zwangsläufig etwas über meine Schlafqualität aus!😆) Doch in diesem Artikel soll es gar nicht darum gehen, ob Kinder und Eltern zusammen schlafen sollten. Es soll vielmehr auf die Wirkung von Körperkontakt eingegangen werden. Erwiesenermaßen wird bei positiver Bewertung von körperlicher Nähe jeglicher Form, aber verstärkt beim Streicheln, Oxytocin ausgeschüttet. Ein Neurotransmitter, der in unserem Körper das wohlige Gefühl von Sicherheit und Verbundenheit verbreitet. Umgangssprachlich wird es auch als das "Kuschelhormon oder Bindungshormon" bezeichnet. Es wird im Hypothalamus gebildet. Das Fantastische ist, dass es in allen Beteiligten wirkt. Oxytocin gehört zu einem der Belohnungssysteme in unserem Gehirn, das darauf aus ist, immer wieder neu stimuliert zu werden. Eine Belohnung, die nichts kostet und doch so viel auf unser Beziehungskonto einzahlt, mit Zinsen! Fühlt sich das Gehirn Deines Kindes sicher, dann kann es entspannen, Erlebtes verarbeiten, zur Ruhe kommen, Gelerntes abspeichern und sich durch den Kontakt mit Dir immer wieder lernen sich zu regulieren. Dies hat dann positiven Einfluss auf seine sozial-emotionale Entwicklung, weil es lernt mit Emotionen adäquat umzugehen und Stress und Ängste zu lösen. Dadurch wird der ventrale Vagusnerv stimuliert, was eben die Möglichkeit der sozialen Interaktion stärkt und ausbaut. Tolle Argumente für Körperkontakt, wie ich finde. Was aber, wenn es Dir oder dem Kind schwer fällt körperliche Nähe zuzulassen? Verstehst Du, weshalb es Dir schwer fällt? Könnte es sein, dass Dein Kind dies spürt und deshalb ebenfalls wenig Körperkontakt sucht? Möchtest Du kuscheln, aber das Kind scheint dieses Bedürfnis nicht zu teilen? Versuche Dich zu entspannen, nichts muss! Finde heraus, welchen Wert Du körperlicher Nähe beimisst und warum es so ist. Erkenne, welchen Wert Du diesem Thema geben möchtest und weshalb. Und dann werde Dir darüber bewusst, dass nicht ausschließlich das intensive Kuscheln oder das Schlafen im selben Bett Oxytocin ausschüttet. Dies funktioniert bereits über liebevollen Augenkontakt, eine kleine Berührung, Massagen oder die räumliche Nähe in gelassener Atmosphäre, ja selbst das Toben und Rangeln schüttet (in Maßen) Oxytocin aus. Und ich bin mir sicher, dass euch diese Näheerfahrungen und das Wissen, dass es euch Sicherheit und Beziehung schafft, dazu beitragen, dass ihr euch künftig immer mehr in Nähe und Körperkontakt fallen lassen könnt. Jeder Mensch braucht das, da wir soziale Wesen sind und ohne Körperkontakt und körperliche wie geistige Nähe emotional verarmen. Zudem gibt es immer mehr Studien, die sich mit der stressreduzierenden, angstlösenden und Empathie fördernden Wirkung von Oxytocin beschäftigen (z.B. Psychologe und Neurowissenschaftler Professor M. Heinrichs/ Universität Freiburg)
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